Die vorletzte Etappe führte uns von Çan nach Gönen. Die Strecke (75 KM) war sehr schön - wenig Autos, viel Landschaft, ein größerer Stausee, auch wieder mehr als 900 Höhenmeter. Bisher sind wir in der Türkei überwiegend auf Schnellstraßen gefahren, die an den Dörfern vorbeiführen. Diesmal waren es kleinere Landstraßen, die durch einige Dörfer hindurch führten, so dass wir etwas mehr vom Leben der Menschen zu sehen bekamen.
Defekt aus Unachtsamkeit
Ich habe mir auf dieser Etappe aus Unachtsamkeit einen blöden Defekt eingehandelt: Ein Riemen der rechten Fronttasche hat sich beim Losfahren um die Laufradnabe gewickelt und dabei die Kabel vom Nabendynamo abgerissen. Die Stecker sind zwar wieder raufgesteckt, allerdings kommt kein Strom mehr raus - weder für die Vorder- und Hinterleuchten, noch für mein Lade-Equipment. Deshalb muss ich das Rad morgen in die Werkstatt bringen. Zum Glück gibt es in Istanbul einen Fahrradladen, der sich mit diesen Naben offenbar auskennt. Schaun wir mal.
In Gönen wurden wir sehr herzlich vom Vater eines WDR-Kollegen empfangen. Er betreibt in Gönen die "Pansyon Berlin"; sie befindet sich direkt neben einem schönen Park, der wiederum zu einer Kur- und Heilstätte gehört. Gönen hat nämlich eine heiße Quelle. Wegen ihres heilenden Wassers kommen jährlich Tausende in die Stadt, um zum Beispiel ihre Rheuma-Schmerzen zu lindern. Auch bei Lähmungen soll das Wasser helfen.
Der Vater des Kollegen hat es sich natürlich nicht nehmen lassen, uns zu einem üppigen Abendessen auszuführen. Und zum Frühstück wurden wir am nächsten Morgen auch noch eingeladen. Das war natürlich sehr nett. Danke schön, Herr Arikan!
Am nächsten Morgen ging es dann weiter nach Bandirma. Nur 40 Kilometer lagen vor uns - eigentlich kein Problem! Doch Pustekuchen: Der Nordwind, der seit Tagen trotz Hitze für luftige Frische sorgte, blies uns über die gesamte Strecke direkt ins Gesicht. Ich schätze mindestens mit Windstärke 4-5. Und bergig war es auch noch (880 HM), wobei wir sogar bergab noch gegen den Wind antreten m,ussten. GGGRRR!!!
Leckeres Fischessen in Bandirma
In Bandirma angekommen, waren wir ziemlich fertig. Die Hafenstadt am Marmarameer ist - wie erwartet - ziemlich trubelig und heiß. Einzig an der Promenade am Meer ließ es sich gut aushalten. Dort entdeckten wir auch ein sehr gutes Fischrestaurant, in dem wir uns ausnahmsweise ein sündhaft teures Essen gönnten. Schließlich war das unsere letzte Etappe auf dem Fahrrad. Wir waren also eigentlich schon im Ziel und hatten allen Grund zu feiern. Bei einem traumhaft schönen Sonnenuntergang ließen wir die Tour noch einmal Revue passieren.
In Istanbul angekommen, hatten wir nur gut fünf Kilometer zu unserer Airbnb-Unterkunft in Karaköy zurückzulegen. Da es noch früher Vormittag war, war der Verkehr noch erträglich. Die Wohnung liegt zwar in einem ziemlich hässlichen Viertel, dafür ist die Wohnung selbst ganz schön und man ist relativ schnell an allen touristischen Hotspots. Wegen der "Demokratiefeierlichkeiten", wie die Erdogan-Regierung die täglichen Demos ihrer Anhänger nennt, sind alle Straßenbahnen und Busse frei zu benutzen - zumindest bis Freitag.
Seightseeing strengt auch an
Am zweiten Tag haben wir Heikos Fahrrad für die Rückreise verpackt. Da wir keinen kompletten Fahrradkarton bekamen, mussten wir selbst einen basteln. Ich glaube, das ist uns ganz gut gelungen. Nach der zweistündigen Schwerstarbeit mussten wir erstmal duschen.
Dann begann unser Besuchsprogramm - Gewürzbasar (sehr schön - leider kommt der tolle Geruch auf den Bildern nicht rüber) und Blaue Moschee (die Größe beeindruckt, innen ansonsten unspektakulär). Abends hatten wir eine Verabredung mit Heikos Kollegen aus der hiesigen Procter&Gambel-Fabrik. Sie luden uns auf der asiatischen Seite (Kadiköy) zum Essen ein. Hinterher noch Eis und Desert; dann noch Bier und Raki oben drauf - köstlich. Die asiatische Seite scheint der europäischen kulinarisch nicht nachzustehen. Und was das Nachtleben angeht auch nicht.
Aufgrund der kritischen Sicherheitslage in der Stadt sind jedoch nur wenige Touristen in Istanbul. Von Spannungen oder aufgeheizter Stimmung infolge des gescheiterten Putsches bemerken wir indes nichts. Natürlich verfolgen wir aufmerksam die Nachrichten und wissen genau, was los ist. Wir sehen aber keine Türken, die sich in hitzigen Debatten anschreien oder aufeinander losgehen. Der Vorteil: Da die Stadt relativ leer ist, mussten wir nirgendwo anstehen, was sonst wohl gang und gäbe sei. Der Nachteil ist, dass wir noch mehr auffallen und von den Einpeitschern vor den Restaurants oder im Basar wirklich massiv umworben werden. Das nervt ein wenig.
Gute Nachricht zum Schluss
Zum Schluss noch eine gute Nachricht: Heute habe ich mein Iran-Visum bekommen. Dank der Unterstützung einer iranischen Reiseagentur (key2persia.com; Kosten 30€) bekam ich Montag die erforderliche Referenznummer per Mail zugeschickt. Mit der bin ich zum hiesigen Generalkonsulat, habe nochmal 75€ "Eintrittsgeld" bezahlt und bekam am Nachmittag meinen Reisepass mit Visum ausgehändigt.
4 Kommentare:
Lieber Uwe-Jens,
herzlichen Glückwunsch zum Erreichen des (Zwischen-)Ziels. Ich habe dein Tour-Tagebuch mit Interesse und zugegeben auch ein wenig neidvoll verfolgt. Ein wirklich eindrucksvolles Abenteuer.
Komm gesund wieder!
Jochen
Hallo Jochen,
lieben Dank für die Glückwünsche! Am 9.August geht es weiter. Freue mich über deine virtuelle Begleitung!
Schöne Grüße , Uwe
Lieber Uwe,
herzlichen Glückwünsch für dein erstes Teilziel.
9 Länder in 56 Tagen mit dem Rad zu bereisen, Respekt!!!!
Ich freue mich schon darauf, dein nächstes langes Teilziel durch die Türkei und den Iran zu verfolgen:-)
Aber zunächst wünsche ich dir und deine Frau einen schönen Urlaub.
Viele Grüße
Uwe
Danke, lieber Uwe!
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