Kappadokien ist eine Landschaftsregion in Zentralanatolien, die in einigen Teilen beeindruckende Täler und Felsformationen aufweist. Der bekannteste und bedeutendste Ort ist Göreme, in dessen Nähe die meisten und schönsten Formationen zu besichtigen sind. Göreme werde ich morgen (Sonntag) ansteuern; bis dahin sind es rund 80 Kilometer.
Die Ihlara-Schlucht, die ich heute besichtigt habe, ist in prähistorischer Zeit durch den Fluß Melendiz entstanden, der sich in das weiche Tuffgestein gegraben hat. Das Tal ist bis zu 150 Meter tief. Hier lebten seit dem 7. Jahrhundert byzantinische Mönche, die zahlreiche Höhlenbauten und Felsenkirchen hinterließen. Einige Kirchen weisen gut erhalten Fresken auf. Auch das Tal selbst ist wunderschön. Ich bin heute Morgen um 8 Uhr hinunter gestiegen und habe die Ruhe und frische Kühle genossen.
Hier ein paar fotografische Eindrücke.
Die Etappen ab Eskişehir bis hierher waren übrigens ziemlich unspektakulär. Die meiste Zeit bin ich an endlosen Getreidefeldern oder staubiger Steppe entlang geradelt. Ich bin deshalb dazu übergegangen, mir Ohrenstöpsel einzustecken und unterwegs Musik zu hören. Das mache ich sonst nie, weil es mich zu sehr ablenkt und ich Angst habe, im Verkehr Fehler zu machen. Auf diesen eintönigen Strecken hat mich die Musik aber wunderbar abgelenkt bzw. motiviert.
Übernachtung in einem Geisterdorf
Das Aufregendste war unterwegs das Wildcampen in einem verlassenen Dorf zwischen Emirdag und Cihanbeyli. Ich hielt bereits seit einer Weile vergebens nach einem geeigneten Zeltplatz Ausschau, als ich in ein Dorf kam, dessen Häuser größtenteils leer standen. Einige Häuser am Dorfeingang waren noch bewohnt, doch hatte ich keine rechte Lust auf die anstrengende Kommunikation. Ich wollte lieber allein sein. Also schlug ich mein Zelt inmitten der leerstehenden Häuser auf und hoffte, dass mich niemand entdecken würde. Vorher hatte ich mich noch vergewissert, dass auch wirklich alle Häuser um mich herum leer standen. So war es: kein Mensch, kein Tier weit und breit.
An Schlaf war in dieser Nacht dennoch kaum zu denken. Den ersten Schreck bekam ich, als um kurz vor zehn ein Muezzin in voller Lautstärke zum Gebet rief! Es war keine Moschee auszumachen, dennoch war der Gesang so laut, als stünde sie direkt neben mir. Das irritierte mich. Wen rief der Muezzin? Die bewohnten Häuser waren mindestens 1000 Meter entfernt. Oder lebten hier vielleicht doch noch Menschen?
Den nächsten Schreck bekam ich, als ich bereits eine Stunde im Schlafsack lag und wegen eines Geräusches noch einmal rausschaute: Da brennt doch Licht in einem Haus, keine 100 Meter von mir entfernt! Ist das Haus also doch noch bewohnt? Ich zog mir die Schuhe und ging hin, um nachzuschauen. Es war kein Mensch auszumachen. Offenbar geht das Licht jede Nacht per Zeitschaltung an, damit der Eindruck entsteht, hier lebt noch jemand. Wirklich beruhigend war die Erkenntnis aber nicht.
Dann fiel plötzlich in unmittelbarer Nähe ein Schuss! Es war nicht der erste Schuss an diesem Abend. Aber die anderen kamen von weiter her. Dieser fiel keine 100 Meter neben meinem Zelt! Au Backe, dachte ich. Von da an lag ich mindestens noch drei Stunden wach im Zelt und drehte mich von einer Seite auf die andere. Doch es passierte nichts - glücklicherweise! Irgendwann bin ich dann doch noch eingeschlafen. Aber um 5 Uhr, als der Muezzin erneut rief, war ich wieder wach. Da war die Nacht vorbei.
Hier ein paar Fotos von dem Geisterdorf:
Erwähnenswert ist außerdem noch der Ort Sultanhanı, in dem ich ebenfalls eine Nacht im Zelt verbrachte - allerdings auf einem sehr schönen Rasen-Campingplatz. Das Besondere hier ist die mehr als 700 Jahre Karawanserei, die größte in der Türkei. Ein wirklich beeindruckender Bau - nur schade, dass es für solche Gebäude heute keine sinnvolle Verwendung mehr gibt. Diese Karawanserei jedenfalls wird hauptsächlich von Tauben bewohnt! Schade, es wäre auch eine wunderbare Unterkunft für Reiseradler!
Seht selbst!
2 Kommentare:
Hallo Uwe,
durch facebook bin ich vor einen paar Tagen zufällig auf deinen Block gestoßen.
Heute habe ich es geschafft, am aktuellen Tag angelangt zu sein.
Deinen Blog zu lesen macht richtig spaß. Die Art wie du schreibst ist sehr angenehm. Auch die Bilder sind sehr schön. Ich werde deinen Blog weiter lesen und bin sehr gespannt, wie es weiter geht. Wie ist es so, ab Istanbul alleine zu sein. Die Einsamkeit ist doch sicherlich nicht zu unterschätzen oder?
Ich wünsche dir für die weitere Reise alle gutes und werde deinen Blog weiter empfehlen.
Gruß Mathias
Hallo Mathias,
Danke für deinen freundlichen Kommentar. Schön, dass dir mein Blog gefällt. Bis jetzt genieße ich das Alleinreisen noch sehr. Ich dachte, es würde mir Probleme bereiten. Aber ich finde es sehr angenehm, mich nicht über alles mit jemandem abstimmen zu müssen. Vielleicht ändert sich meine Haltung dazu ja noch. Schaun wir mal.
Schöne Grüße, Uwe
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