Mittwoch, 14. September 2016

Iranische Gastfreundschaft

Dieser Artikel ist den gastfreundlichen Iranern gewidmet, denen ich bisher begegnet bin. Es sind noch nicht sehr viele, denn ich bin ja erst fünf Tage im Land. Aber diese wenigen Begegnungen reichen schon, um einen für diese freundlichen Menschen zu begeistern.

Da war zunächst Yashar in Marand. Ich hatte ihn bereits in einem früheren Post erwähnt. Er ist der Junge, der uns mit Fahrrad entgegenkam, um uns in Marand in Empfang zu nehmen. Er ist gerade 17 Jahre alt und beim welteiten Übernachtungsportal für Radfahrer warmshowers.org aktiv. Weil er noch minderjährig ist und bei seinen Eltern wohnt, darf er noch keine eigenen Gäste bei sich zu Hause empfangen. Dafür hat er es sich zur Aufgabe gemacht, ankommenden Reiseradlern in Marand den Aufenthalt so angenehem wie möglich zu gestalten. Er führt sie zu einem Hotel, zeigt ihnen die Sehenswürdigkeiten der Stadt und hilft - so gut es geht - als Dolmetscher.




Zuerst war ich skeptisch und wartete immer darauf, dass er plötzlich Geld oder irgendetwas anderes verlangt. Aber er wollte nichts für seine Dienste. Als ich ihn fragte, warum er das alles tue, sagte er einfach: "Es ist meine Pflicht, zu helfen." Er wünsche sich so schnell wie möglich eine eigene Wohnung, um selbst Gäste aufnehmen zu können. Ich hatte ja schon erwähnt, dass er uns in seinen Englischkurs eingeladen hatte und uns seinen Mitschülerinnen und Mitschülern vorgestellt hat. Das war schon ein tolles Erlebnis.



Am nächsten Morgen hat er uns dann aus der Stadt geleitetet und sich am Ortsausgang verabscheidet. Natürlich nicht ohne noch ein Selfie von uns allen aufzunehmen. Und er hat mich in die iranische warmshowers.org-Gruppe in der App Telegram aufgenommen. Somit kann ich in jedem Ort mit nur einem Post einfach fragen, ob mir jemand Unterkunft gewähren kann.

Dann wären da noch Mohammad und Sadagheh Behesti und ihr Sohn Amine aus Tabriz. Mohammad ist 63 Jahre alt und Wirtschaftsprofessor an der Universität Tabriz. Er sagt, er liebe seine Arbeit und  unterrichte gerne seine Studenten. Er habe den besten Job in Tabriz. Seine Frau Sadagheh kümmert sich vorwiegend um den Haushalt. Ihr Sohn arbeitet als Software-Ingeniuer in einer relativ großen Baufirma in Tabriz. Die drei haben uns zwei Tage und zwei Nächte bei sich aufgenommen. Mohammed und Jean-Louis sind zwar familiär miteinander verbunden. Dennoch ist es keine Selbstverständlichkeit, drei Reiseradler bei sich unterzubringen.



Sadagheh hat uns morgens, mittags und spät abends bestens bewirtet. Wir haben viele leckere iranische Gerichte serviert bekommen, darunter eine sehr schmackhafte Aserbaidschanische Joghurtsuppe. Auf das Rezept freue ich mich schon. Außerdem hat sie uns in der Wohnung im Soutterain ein tolles Bettenlager gebaut.

Und Amine hat uns eineinhalb Tage durch die Stadt geführt, uns den schönen Elgoli-Park, das Constitution-House, in dem sich die Revolutionäre Anfang des letzten Jahrhunderts trafen, und die Blaue Moschee gezeigt. Am Tag des islamischen Opferfestes ist er mit uns zum alten Bazar gefahren, obwohl ihm klar war, dass alle Geschäfte geschlossen sein würden. Und er hat mich am späten Abend  mit Auto nochmal in den Park gebracht, damit ich den deutschen Reiseradler Benno treffen konnte, der kurz zu vor in Tabriz angekommen war. Den Tipp hatte ich übrigens von Yashar aus Marand.







Kurzum: Es waren zwei schöne Tage in Tabriz und es war ein tolles Gefühl derart herzlich und selbstverständlich aufgenommen, bewirtet und begleitet zu werden. Dafür möchte ich mich auch hier noch einmal sehr herzlich bedanken. Der Abschied gestern morgen ist mir wirklich schwer gefallen.



Dann ist da noch Jafar, der Eisdielenbesitzer in Bunab. Er wollte gerade seine Eisdiele für eine Mittagspause schießen, als er mich vor seinem Geschäft anhalten sah. Also ließ er die Rolladen wieder hochfahren, lud mich zu Eis und Tee ein und schenkte mir noch eine Flasche mit Rosenwasser, das im Tee echt klasse schmeckt.






Als ich mich nach einigen Selfies zum Hotel verabschiedete, schlug er vor,  abends gemeinsam essen zu gehen. Als ich ihn am Abend abholte, war er überrascht, dass ich tatsächlich kam. Er holte seine Frau und seinen Sohn Mesoud ab und fuhr mit uns in die "beste Kebabbraterei" in Bunab, wie er versicherte. Natürlich wurde ich wieder eingeladen. Jeder Versuch, selbst zu bezahlen oder gar die ganze Rechnung zu übernehmen, war zwecklos.




Am Abend wollte ich dann den Blog aktualisieren, doch dazu kam ich nicht mehr, weil wieder mal alles anders kam als gedacht. Jafar fuhr nach dem Essen nämlich zu einer Hochzeitsparty und nahm mich einfach kurzerhand mit. Das war natürlich ein tolles Erlebnis, obwohl ich leider die Braut nicht zu sehen bekam. Denn die Frauen feierten getrennt von den Männern in einem anderen Haus.

Nichtsdestotrotz tanzten die Männer ausgelassen und fröhlich den ganzen Abend. Außerdem war ein Sänger da, der den musikalischen Ablauf gestaltete. Immer wieder kamen neue Männer auf die Tanzfläsche, während andere Männer ihnen Geldscheine auf den Kopf und auf die Schulter legten. Das Geld wurde für das Hochzeitspaar gesammelt. Es war wirklich viel Geld, das dort verteilt und von den Kindern in Plastiktüten eingesammelt und bei Verwandten des Bräutigams abgegeben wurde - sehr viel Geld!














Um Mitternacht brachten mich Jafar und sein Sohn zurück ins Hotel. Ich bedankte mich sehr für den tollen Abend und die beiden gingen nicht, ohne noch mehrere Selfies mit mir aufzunehmen. An den Blog war da natürlich nicht mehr zu denken. Ich war hundemüde, aber überaus glücklich, diese vielen netten Menschen kennen gelernt zu haben.

8 Kommentare:

Uli hat gesagt…

Ich bin einfach nur tief beeindruckt und finde es wirklich wichtig, dass du so authentisch über deine Erlebnisse berichtest!!!

Tom hat gesagt…

Beeindruckend, diese Gastfreundschaft. Wenn ich daran denke, wie wir mitunter mit Türken und Persern umgehen ...

Barbara hat gesagt…

Hallo Uwe,
nach fünf Tagen im Land schon mindestens so viele gastfreundliche Menschen - ein beeindruckender Schnitt, würde ich sagen! Klingt sehr schön, was du berichtest, auch bisher schon, übrigens. Ich wünsch dir noch jede Menge solcher Begegnungen und Erlebnisse - und weiterhin gute Fahrt!
Liebe Grüße aus Bonn,
Barbara

Kristina hat gesagt…

Hi Uwe,
das hört sich ja großartig an! Said wird sich freuen, dass "seine Leute" so einen guten Eindruck machen!
Eine schöne Weiterfahrt und liebe Grüße aus der Heimat
Kristina

Uwe hat gesagt…

Danke, liebe Barbara!

Uwe hat gesagt…

Danke dir, Kristina! Vielleicht fliegst du mal mit Said in den Iran! Kann ich echt empfehlen - obwohl ich mir dich in dieser Männerwelt und mit Kopftuch nur schwer vorstellen kann. Liebe Grüße! 😀

Anonym hat gesagt…

Lieber Uwe,

wenn auch nur von Ferne: Wir sind schwer beeindruckt von deinen interessanten und herzerwärmenden Erlebnissen im Iran. Von so viel Gastfreundschaft kann sich der eine oder andere Europäer mal eine Scheibe abschneiden!

Wir wünschen dir weiterhin so viele tolle Begegnungen!!!!

Herzliche Grüße von Christine und Friedrich

Uwe hat gesagt…

Danke, Ihr Lieben! Wir sehen uns Weihnachten in Berlin. Freue mich schon auf einen gemeinsamen Abend beim Italiener!
Liebe Grüße, Uwe