Freitag, 24. Juni 2016

Kontraste in Kroatien - Miese Kaschemme und Firstclass-Camping

Wir sind mittlerweile in Roski Slap im Krka-Nationalpark. Das ist der Park, in dem die früheren und neueren Winnetou-Filme gedreht wurden. Der Park erstreckt sich über 36 Kilometer entlang dem Fluss Krka und seinen sieben Wasserfällen. Wir sind am zweitgrößten Wasserfall Roski Slap, der eine Fallhöhe von 15 Metern hat.


Heute ist unser fünfter Tag in Kroatien. An den letzten drei Tagen haben wir auf's Neue erfahren, was es bedeutet bei großer Hitze Fahrrad zu fahren. Kurz gesagt: Es ist sehr anstrengend und wir schaffen bei 35-37 Grad einfach nicht so viele Kilometer wie bei 18-20 Grad, weil wir vielmehr Pausen benötigen. Besonders anstrengend sind natürlich längere Steigungen; dann tritt der Schweiß aus allen Poren aus. Mich nervt daran vor allem, dass mir dabei oft der Schweiß in die Augen läuft. Das brennt tierisch.

Vorgestern sind wir auf der Insel Krk gestartet und wollten eigentlich von Insel zu Insel bis nach nach Simuni auf Pag "hüpfen". Das hat jedoch nicht geklappt, warum nicht, erfahrt ihr weiter unten. Als wir am Morgen in Njivice aufbrachen, war es schon über 30 Grad heiß - unser erster echter Hitzetag.

Wir wurden noch mehrfach sehr nett von Stefan Möller verabschiedet, den wir am Vorabend beim Fußball kennen gelernt hatten. Stefan und seine Frau Andrea sind ebenfalls begeisterte Reiseradler; wir hatten also viel zu besprechen. Er berichtete uns von seiner Vorjahrestour mit seinem Sohn auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Als wir am Morgen aufbrachen, wäre er am liebsten mit uns gekommen, so begeistert war er von unserem Projekt.


Die Überfahrt zur Insel Rab klappte reibungslos. Allerdings war uns die Fähre quasi vor der Nase weggefahren, so dass wir eineinhalb Stunden warten mussten. Die Fahrt dauerte weitere 90 Minuten. Alles in allem kostete uns diese Fahrt drei Stunden Zeit. Rab überquerten wir in brütender Mittagshitze. Die Fahrt zum nächsten Fährhafen war aber sehr angenehm, da auf der kleinen Insel viel weniger Autos unterwegs waren als auf Krk. Gegen 16 Uhr setzten wir nach einer weiteren Stunde warten mit der zweiten Fähre aufs Festland über.



Hammeranstieg auf 250 Meter


Dann kam der schweißtreibende Hammer: Bei nunmehr 33 Grad Nachmittagshitze mussten wir vom Hafen bis zur weiterführenden Küstenstraße auf 250 Meter Höhe hoch strampeln. Das tat echt weh. Mein Hirn hämmerte im Kopf, dass ich dachte, mir fliegt gleich die Schädeldecke davon.

Oben angekommen ging es in leichtem Auf und Ab weiter. Wir sind dann schließlich auf dem Festland geblieben, weil wir uns nicht sicher waren, ob noch eine Fähre gehen würde. Um das zu prüfen, hätten wir wieder 250 Meter runter zum Hafen fahren müssen. Das war uns zu riskant, da wir den gleichen Weg wieder hätten hoch strampeln müssen, wenn keine Fähre mehr abgefahren wäre. Also blieben wir gleich "oben" auf der erstaunlich verkehrsruhigen Küstenstraße.

Wir übernachteten in Cesarica (nach 68 Kilometer, ca. 900 Höhenmetern) in einer ziemlich miesen Kaschemme mit angeschlossenem Restaurantbetrieb. Der Wirt wollte zwar nur 20€ pro Person haben. Das Essen war jedoch sehr mies. Ich befürchtete schon, von dem Essen krank zu werden. Die Pommes waren jedenfalls so schlecht, das wir eine neue Portion bestellten. Den Wein ließ ich zurückgehen. Geschlafen habe ich in dem verdreckten, müffelnden Appartement aber gut, obwohl auch das Bett durchhing.

Am nächsten Tag fuhren wir 90 Kilometer bis Obrovac. Wir radelten zunächst ca. 70 Kilometer auf der wunderbaren Küstenstraße weiter, was wirklich sehr schön war. Alle paar Minuten kamen ein paar Autos oder Motorräder vorbei. Wir hatten immer das Meer und die gegenüber liegende Insel Pag neben uns. Wir umkurvten viele einsame kleine Buchten und schön gelegene Ferienhäuser. In einem kleinen, von deutschen Kroaten geführten Café direkt am Wasser machten wir ausgiebig Pause. Ich nutzte die Gelegenheit zu meinem ersten Bad in der Adria.



Als wir nach einer weiteren Pause in Obrovac ankamen, entschieden wir uns, zu einem nahe gelegenen Campingplatz weiterzufahren. Dazu mussten wir allerdings von Meereshöhe wieder auf 200 Meter Höhe hinauf strampeln. Die Mühe hat sich aber gelohnt: Wir fanden einen erstklassig ausgestatteten Firstclass-Campingplatz vor - mit Swimmingpool, einem sehr guten Restaurant und sehr freundlichem Personal.



Das hatten wir uns auch verdient, denn wir waren nach dem erneuten, schweißtreibenden Anstieg wirklich fix und fertig. Wir haben den ganzen Tag über gesoffen wie Pferde - mehr als sieben Liter! Unser Lieblingsgetränk wurde der fertig gemixte Radler - wahlweise mit Limonen- oder Grapefruitbrause bei nur sehr wenig Alkohol. Ich glaube, ich habe sechs oder sieben davon getrunken.





Heute Morgen gab es auf dem Campingplatz ein sehr üppiges Frühstück. Danach mussten wir erstmal wieder richtig in die Pedale treten - nochmal 300 Höhenmeter hinauf auf 500 Meter Höhe. Der Schweiß lief gleich wieder in Strömen, da es schon um 9 Uhr 32 Grad warm war.



Menschenleere Dörfer, zerstörte Häuser


Wir kamen durch viele menschenleere, zerstörte Dörfer, in denen früher Serben lebten, die von Kroaten vertrieben wurden oder ihre Häuser aus Angst freiwillig verließen. Die Folgen des Bürgerkrieges sind in den damals umkämpften Gebieten allgegenwärtig. Es war eine gespenstische Stimmung. Wie mir hinterher ein Kroate erklärte, hat es in dieser Gegend viele Kämpfe zwischen Kroaten und Serben gegeben.






In Roski Slap haben wir uns in dem sehr kalten Wasser aus den Bergen erfrischt. Das war sehr angenehm. Dann die übliche Routine: alle Klamotten aus den Radtaschen holen, damit sie nicht anfangen zu müffeln, verschwitzte Radklamotten waschen und zum Trocknen aufhängen, dann duschen und fertig machen zum Abendessen. Es entsteht auf so einer Reise letztlich eine ähnliche Routine wie im alltäglichen Leben auch - nur eben anders.

Morgen geht's weiter in Richtung Split. Die Stadt soll sehr schön sein. Dann werden wir auch schon die Hälfte der Strecke bis Istanbul bewältigt haben. Wie schnell die Zeit vergeht! Wahnsinn!

5 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Hallo Jungs,
beim Lesen war ich das erste mal ob der großen Entfernung tief bewegt.
Die Bilder sind natürlich immer noch sehr schön, nur eben anders schön.
Die Sphäre des sicher-geordneten Mitteleuropas entfernt sich zusehends.
Spannend!
Aber die Zivilisation muss immer noch greifbar sein. Wo bekämt Ihr sonst
die 7 Liter stückweise aufgefüllt?!
Ich habe mir gerade ein paar Bilder von Split angeschaut. Ihr habt allen Grund
zur Vorfreude!!!
LG vom zukünftigen Funbiker :-)

Uwe Beer hat gesagt…

Hallo Uwe,
super Leistung,;-) Ich habe ein paar Fragen:
Wie viel km und Hm habt Ihr bisher runtergespult? Und wie viel km liegen bis Istanbul noch vor euch?
Liegt Ihr im Zeitplan?
Macht Ihr am Tag unterwegs eine größere Pause? Oder Spult Ihr es mehr oder weniger an einem Stück runter?

Viel Spaß noch sendet euch Uwe

Uwe hat gesagt…

Hi Uwe,

wir müssen natürlich Pausen machen. Ca. alle 2 Stunden halten wir an! Trinken viel! Gestern sind wir 55 KM geradelt, sonst aber eher 75-100 KM. Heute Abend in Splitwerden wir 1750 KM auf der Uhr haben, das ist genau die Hälfte bis Istanbul. Wir liegen genau im Zeitplan; Heikos Rückflug geht am 28.7.! Wir haben mindestens ein Ruhetag pro Woche eingeplant. In Dubrovnik bleiben wir einen Tag! In Canakale (Türkei) bleiben wir sogar drei Tage.

Lieben Gruß, Uwe

Uwe hat gesagt…

Nachtrag: In Split machen wir morgen spontan auch einen Ruhetag.

Unknown hat gesagt…

Hallo Ihr Beiden,
Respekt vor Eurer Leistung. Dies ist bereits mein zweiter Kommentar, den ersten habe ich versehentlich unter Deinem ersten Blogeintrag versteckt.
Oh ja, das mit dem Schweiß in den Augen kenne ich zu Genüge von unserer SdC Tour im letzten Jahr. Das Einzige, das mir dagegen einigermaßen geholfen hat, war ein Stirnband oder ein zu selbigen mehrfach gefaltetes Tuch. Die pferdegleiche Sauferei ist sicherlich neben den anstrengenden Hitzehöhenmetern fast die größte Last.
Ich stecke noch immer voller Wehmut wenn ich an Eurer Zeltparzelle vorbei marschiere. Im nächsten Jahr geht's für Andrea und mich wieder auf große Radtour. Dann machen wir die baltischen Staaten unsicher.
Bis dahin verfolge ich Euch und Dich im Blog weiter.
Passt auf Euch auf.
Beste Grüße, Stefan