Aus Isfahan konnte ich erst einen Tag später starten als ursprünglich geplant. Wegen einer Erkältung, die ich mir wohl im klimatisierten Bus eingefangen hatte, musste ich einen Tag länger pausieren. Richtig weg ist der Schnupfen allerdings bis heute nicht.
Auf einer wenig befahrenen Straße fuhr ich von Esfahan südöstlich nach Varzaneh, einem kleinen Städtchen umgeben von Wüste. Es gab dort ein kleines Guesthouse, in dem ich preiswert übernachten konnte. 20 Kilometer außerhalb des Ortes gibt es recht schöne Sandberge, die ich mir natürlich angeschaut habe.
Am nächsten Morgen deckte ich mich mit reichlich Wasser und Lebensmitteln ein, denn das nächste Ziel war die besagte Karawanserei. Das Wasser transportierte ich in einem Zehn-Liter-Wassersack von Ortlieb, den ich mir genau für solche Etappen angeschafft hatte. Dazu nahm ich Brot, Datteln, frisches Obst und zwei Dosen Baked Beans in Tomatensoße mit - genau das Richtige für ein schnelles unaufwändiges Essen in der Wüste.
Die Straße zur Karawanserei Qal'eh Khargushi war größtenteils asphaltiert - allerdings mit sehr scharfkantigem Split, was die Fahrt sehr unangenehm machte. Das Rad rollte keinen Meter von alleine; jeder Meter musste getreten werden. Ich passierte einen erloschenen Vulkan, ansonsten bot die Strecke nicht viel Abwechslung. Dafür war es angenehm ruhig - keine zehn Autos kamen vorbei. Und ich hatte stellenweise eine herrliche Aussicht.
Da ich erst spät aus Varzaneh gestartet war, kam ich auch erst gegen 17 Uhr in der Karawanserei an - eine Stunde vor Sonnenuntergang! Ich musste mich deshalb mit dem Zeltaufbau ziemlich beeilen, wollte ich nicht im Dunkeln kochen und essen. Meine größte Sorge war, dass ich im Dunkeln von Skorpionen heimgesucht werden könnte. Doch diese Angst stellte sich als unbegründet heraus - ich habe nicht einen einzigen Skorpion gesehen, zum Glück.
Geschlafen habe ich dennoch kaum. Zum einen war es schon ein bisschen unheimlich, so ganz allein in einer verfallenen Karanwanserei! Zum anderen war es sehr windig und es fing sogar leicht zu regnen an. Der Wind rüttelte am Zelt und kickte leere Plastikflaschen geräuschvoll durch den Innenhof. Den erhofften Sternenhimmel sah ich erst um ein Uhr, nachdem sich die Wolken verzogen hatten. Um sechs Uhr trafen zwei Autos ein, um eine Touristengruppe abzuladen, die auf dem Dach bei Sonnenaufgang frühstücken wollte. Damit war die Nacht beendet. Immerhin wurde ich auch zum Frühstück eingeladen und bekam sogar noch eine Flasche Wasser als Notreserve überreicht.
Die nächste Etappe führte ca. 70 Kilometer nach Nodushan, einem kleinen Bergstädtchen auf 2000 Meter Höhe. Wie sich herausstellte, gab es in dem Ort kein Hotel. Als ich einen Mann nach anderen Übernachtungsmöglichkeiten fragte, lud er mich zu sich nach Hause. Nach wenigen Minuten kam ein weiterer Iraner, der mich ebenfalls einlud. Dann noch einer, der sich ebenfalls als Gastgeber anbot. Ich wartet jeweils, bis die Einladungen mehrfach wiederholt wurden, um sicher zu gehen, dass sie auch ernst gemeint waren. Wie sich herausstellte waren die drei Männer Brüder bzw. Cousins, die mich in dieselbe Familie eingeladen hatten. Als ich in das Haus kam, staunte ich nicht schlecht. Ich war im Schoß einer wirklich großen Großfamilie mit 54 Mitgliedern gelandet!
Der Nachmittag und Abend stand in dem Dorf dann ganz im Zeichen der Ashura-Feierlichkeiten. Mit ihnen wird an den Tod des dritten Imams, Hussein, erinnert, dem Enkel des Propheten Mohammed. Die Trauer und Buße dauert insgesamt zehn Tage; der neunte und zehnte Tag sind die wohl wichtigsten Feiertage der Schiiten. Nur kurz zum Hintergrund: Der Tod Husseins in der Schlacht von Kerbela (im heutigen Irak) am 10. Oktober 680 führte zur endgültigen Spaltung der Muslime in Sunniten und Schiiten. Hussein ist eine zentrale Figur im Glauben der Schiiten; seines Todes wird jedes Jahr mit aufwändigen Feierlichkeiten (Ashura) gedacht.
Die folgenden Fotos und Videos zeigen die Feierlichkeiten in der Husseinia, so heißt die eigens zu diesem Zweck gebaute Halle.
Ich war an dem Abend ziemlich erschlagen von den vielen Eindrücken bei den Ashura-Feierlichkeiten. Neben dem Geschehen in der Husseinia zeigten mir die jungen Männer der Familie Nasiri auch die aufwändigen Vorbereitungen hinter den Kulissen. Am folgenden zehnten Tag sollte nämlich das ganze Dorf in der Moschee beköstigt werden - mehr als 3000 Menschen, und zwar morgens, mittags und abends! Die folgenden Fotos zeigen, wie das Essen vorbereitet wird. Zum Frühstück gab es um 7 Uhr eine reichhaltige Suppe; zum Mittag ein Lammgericht mit Reis.
Yazd hat eine wunderschöne Altstadt aus engen Gassen und restaurierten Lehmhäusern. Die Altstadt ist UNESCO-Weltkulturerbe. Das Wahrzeichen der Stadt ist die Jameh-Moschee mit ihrem hoch aufragenden Doppel-Minarett. Ein weiteres sehr typisches Motiv sind die berühmten Windfänger - mit diesen Türmen wurde früher Wind zur Kühlung in die Häuser gelenkt. Das war auch nötig, denn im Sommer ist es hier bis zu 50 Grad heiß. Die Windtürme sind zum Teil heute noch in Betrieb.
Hier ein paar Eindrücke aus Yazd.
Morgen breche ich wieder auf - Richtung Shiraz und Persepolis. Das sind zwei weitere Touristen-Hotspots im südlichen Teil Zentral-Irans. Insgesamt rund 450 Kilometer sind es bis dorthin. Da die Strecke überwiegend langweilig sein soll und auf einer sehr verkehrsreichen Straße entlang führt, bin ich geneigt, einen Teil mit Bus zurückzulegen. Schaun wir mal.
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