Teheran ist eine ziemlich normale Großstadt - nur ein bisschen extremer. Rund zehn Millionen Menschen leben hier, zwei Millionen kommen zusätzlich jeden Tag in die Stadt, um hier zu arbeiten. Der Verkehr ist entsprechend - und der Lärm unerträglich. Zum Glück ist es aktuell nicht mehr ganz so heiß; so läßt es sich in der Innenstadt einigermaßen aushalten.
Das folgende Video zeigt den Verkehr auf einer der größten Kreuzungen der Stadt. Achtet auf die Fußgänger! Man muss wirklich ziemlich mutig sein, wenn man hier über die Straße will.
Natürlich haben die Menschen in Teheran mehr Freiheiten als anderswo. Viel mehr Frauen als in kleineren Städten tragen hier ihr Kopftuch sehr locker um den Kopf geschlagen. Viele tragen es so leger, dass man die Haare sieht und dass es alle paar Minuten herunter rutscht und wieder gerichtet werden muss. Außerdem tragen viele junge Frauen kurze, eng anliegende Mäntel und sehr enge Hosen, so dass man sehr wohl ihre Rundungen und ihre Beine sieht. Auch das ist ganz bestimmt nicht im Sinne der Sittenwächter. Und es scheint zu bestätigen, was mir heute ein Deutsch-Iraner erklärte: Nämlich, dass eine langsame Liberalisierung des alltäglichen Lebens im Gange sei. Er glaubt, dass Kopftücher in zwei bis drei Jahre keine mehr Pflicht sein werden oder dass es zumindest toleriert werde, wenn sie nicht mehr getragen werden.
Aktuell müssen die jungen Leute jedoch noch sehr vorsichtig sein. Zum Beispiel habe ich bei meinem Warmshowers-Gastgeber, dessen Name ich bewußt weglasse, eine Geburtstagsfeier erlebt, bei der getanzt und gesungen wurde. Die Frauen hatten ihre Kopftücher abgelegt und ihre Haare offen getragen. Als ich die Tanzszenen mit dem IPhone filmte, sagte sofort einer der Männer: "Bitte das Video auf keinen Fall bei Facebook oder Youtube teilen. Das würde uns in große Gefahr bringen".
Wie er erklärte, suche die Sittenpolizei die sozialen Netzwerke nach Filmen und Bildern von feiernden iranischen Frauen und Männern ab. Wenn gar Alkohol zu sehen ist, wird es besonders gefährlich für sie. Erst kürzlich wurde eine Gruppe Studentinnen und Studenten öffentlich ausgepeitscht, deren Video von der Abschlussfeier bei Youtube zu sehen war. Schlimm!
Obwohl vieles im Iran sehr anders ist als bei uns, bin ich doch immer wieder erstaunt, wie ähnlich vieles ist. In Teheran gibt es zum Beispiel ein Nobelviertel mit sehr edlen Boutiquen und Möbelgeschäften - wie in München, Köln oder Hamburg. Es gibt auch alle möglichen Küchengeräte, Smartphones, aktuelle Ultra-HD-Fernseher oder teure Werkzeuge zu kaufen - alles wie bei uns. Dass es im Iran Nutella-Bars gibt, hatte ich ja schon berichtet. Überhaupt sind deutsche Waren und Marken sehr beliebt und sehr angesehen. Wer es sich leisten kann, kauft deutsche Produkte.
Hier ein paar Fotos, die die Ähnlichkeiten zeigen:
Am zweiten Tag besuchte ich die eigentliche Schah-Residenz im Zentrum, den Golestan-Palast, und das Juwelen-Museum, in dem die Kronjuwelen ausgestellt sind, darunter der zweitgrößte geschliffene Diamant der Welt (164 Karat) und der frühere Pfauenthron der Perser. Alles sehr schön!
Aber nun ist mein Interesse an Palästen erstmal befriedigt. Das Museum für zeitgenössische Kunst, das noch von den Pahalvis gebaut wurde, hat mich allerdings enttäuscht. Die hauseigene Sammlung zeitgenössischer Malerei war leider nicht zu sehen, weil sie irgendwo in der Welt unterwegs ist. Stattdessen wurde eine Fotoausstellung mit Wüsten-Fotos gezeigt - auch ganz nett, aber nicht das, was ich mir erhofft hatte.
Heute Nachmittag habe ich einen Ausflug auf den Hausberg Teherans gemacht. Am Fuße des Alborz-Gebirges gibt es ein beliebtes Ausflugsgebiet namens Darband. Dorthin flüchten die Teheraner gerne vor der stickigen Luft und dem Verkehrslärm. Es gibt dort einen Wanderpfad, der von Restaurants und Cafes gesäumt wird. Man kann bis zur Talstation einer Seilbahn hoch klettern und dann bis ins beliebte Ski-Gebiet auf 3900 Meter hochfahren.
Das habe ich heute allerdings nicht gemacht, da ich für die niedrigen Temperaturen dort oben nicht ausreichend gekleidet war. Dennoch war es auch so sehr schön am Fuße des Alborz. Wenn man erstmal die Restaurants hinter sich gelassen hat, ist man plötzlich in einer sehr ländlichen Berggegend mit kleinen Bauernhäusern und es kommen einem Bauern auf Eseln entgegen.
Hier die Bilder. Auf dem ersten Foto kann man im Dunst Teheran erkennen.
Die nächsten zwei Tage verbringe ich am Kaspischen Meer. Am Donnerstag geht es dann zurück nach Esfahan. Dort muss ich als erstes mein Visum verlängern. Am Sonntag geht es dann mit Fahrrad weiter in Richtung Yazd.
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