Das Radfahren empfinde ich hier weiterhin als sehr angenehm. Ich habe mich noch immer nicht an dem üppigen Grün satt gesehen. Die Regenzeit geht gerade zu Ende, so dass wirklich alles grün ist. Ich fahre viel an Kautschuk-Plantagen entlang, teilweise an Reisfeldern und bin auch schon durch tiefen Dschungel geradelt, vorbei an Bananenbäumen, Bambus und Riesenfarnen. Einmal ist sogar eine ziemlich große Schlange direkt vor mir über die Straße gehuscht. Die war aber so schnell wieder weg, dass ich sie nicht mal fotografieren konnte.
Außer mir sind hier noch einige andere Reiseradler unterwegs. Auf dem Weg von Bago nach Kyaikhtiyo traf ich gleich zwei Fernradler: Den Franzosen Jerome, 62 Jahre alt, aus Toulouse, der eine Rundreise durch Myanmar macht; und den Berliner Detlef Engel, der vor 20 Monaten von Berlin nach Australien gestartet ist und als nächstes Indien durchqueren will. Beide kamen aus Thailand über den Grenzübergang von Mae Sot.
Am nächsten Tag traf ich ein polnisches Paar, das gerade seine siebenmonatige Radtour durch Südostasien begonnen hatte und ebenfalls in Thailand gestartet war. Schöner Gedanke, jetzt noch sieben Monate vor sich zu haben! Leider haben wir es vor lauter Quatschen versäumt, Fotos zu machen. Einen Holländer habe ich dann noch in Hpa-an getroffen. Er war gerade dabei seinen Schlauch zu wechseln und hatte keine rechte Muße für ein Gespräch. Er wollte zwei Wochen durch Myanmar radeln.
In Kyaikhtiyo, meiner ersten Station nach Bago, bin ich mal in einer gehobenen Herberge abgestiegen. Sie hat 40 Dollar pro Nacht gekostet; die Zimmer waren schön geräumig und alles war sehr sauber. Dort habe ich den US-Ami Casey Richardson getroffen. Wir haben abends zusammen gegessen und uns intensiv über Donald Trump und Hillary Clinton unterhalten. Seiner Meinung nach sind beide nicht wählbar - Trump nicht, weil er unberechenbar und irrational ist; Clinton nicht, weil sie korrupt und geldgeil ist und schon mehrfach die Öffentlichkeit belogen hat.
Er hält es durchaus für möglich, dass Trump gewählt wird, da Clinton auch ziemlich unpopulär ist. Einen Sieg Trumps hält er allerdings für halb so schlimm, wie viele befürchten. Trump würde ja nur für vier Jahre gewählt. In der Zeit könne er so viel nicht anrichten, dass es sich nicht wieder gerade biegen ließe, meinte Casey. Nun ja, das sehe ich anders.
Am nächsten Morgen haben wir zusammen den Goldenen Felsen besucht. Wir sind um 6 Uhr aufgestanden und haben uns das Frühstück einpacken lassen, um möglichst früh auf dem Berg zu sein. Man begibt sich zunächst zu einer Verladestation, in der alle Besucher auf Trucks verladen werden. 40 Menschen werden in einen LKW zusammen gepfercht und in einer 40minütigen Fahrt zur Pagode auf 1100 Meter hoch gefahren. Die Fahrt ist allerdings kein Vergnügen, da man ziemlich eingeengt auf einer schmalen Bank hockt und ziemlich durchgerüttelt wird.
Als wir oben ankamen, staunten wir nicht schlecht, welch ein Trubel dort bereits um 7 Uhr herrschte. Nicht nur, dass bereits etliche hundert Pilger auf dem Berg waren - auch viele Devotionalienhändler und Fressbuden hatten bereits offen. Keine Spur von besinnlicher Ruhe. Der Felsen ist die drittwichtigste Heiligenstätte der burmesischen Buddhisten. Es ist auch ein beliebter Ausflugsort, den man gemeinsam mit der Familie, mit Freunden oder sogar mit Kollegen besucht. Viele haben sich auf Decken zum Picknick niedergelassen. Andere Pilgergruppen gruppieren sich immer wieder neu für Selfies vor dem Goldenen Felsen.
Der Legende nach soll der Findling von einem burmesischen König im elften Jahrhundert auf dem Berg platziert worden sein. In dem Stupa auf dem Felsen soll sich ein Haar Buddhas befinden, das für das nötige Gleichgewicht sorgt, damit der Felsen nicht nach unten fällt. Abgesehen vom Goldenen Felsen ist vor allem die Aussicht auf dem Berg wirklich beeindruckend. Bei schönem Wetter kann man angeblich die Pagoden von Bago und die Berge in Thailand sehen. Immerhin konnte ich schon die Felsen von Hpa-an sehen, wo ich am nächsten Tag ankommen wollte.
Nach eineinhalb Stunden ließen Casey und ich uns wieder herunter fahren - ebenso beengt wie zuvor bei der Auffahrt. Alles in allem ein schöner Ausflug, der einem sicher in Erinnerung bleibt, vor allem wegen des ungewöhnlichen Goldenen Felsens, der in der Luft zu schweben scheint.
Ich machte mich anschließend auf den Weg nach Thahton (75 KM, 375 HM). Diesmal wählte ich eine Nebenstrecke, die rund 30 Kilometer durch den Dschungel führte. Das war fast ein bisschen unheimlich. Alle paar hundert Meter hörte ich Geräusche, ohne sehen zu können, woher sie kamen. Es knackte und raschelte die ganze Zeit. Als ob mich jemand beobachtete und mir folgte. Ab und zu sah ich ein paar Bambushütten, davor spielende Kinder oder kochende Frauen. Dann sah ich Männer, die in einem kleinen Dorf Volleyball spielten. Auch an einem Kloster kam ich vorbei, in dem gerade ein größeres Event stattfand. Obwohl die Straße rubbelig und nicht angenehm zu fahren war, hat mir dieser Abschnitt sehr gut gefallen. Das war mal ganz etwas anderes als immer nur auf der Hauptstraße entlang zu radeln.
Von Thahton ging es am nächsten Tag weiter nach Hpa-an. Unterwegs passierte ich die Grenze zum Karen-Staat, dessen Hauptstadt Hpa-an ist. Die Karen sind eine der Volksgruppen, die noch bis vor einigen Jahren mit militärischen Mitteln für ihre Unabhängigkeit von Burma gekämpft haben. 2011 einigten sich beide Seiten auf einen Waffenstillstand, der in einem Hotel in Hpa-an besiegelt wurde. Seitdem sind die Kampfhandlungen weitgehend eingestellt. Allerdings gibt es weiter im Süden einige Splittergruppen der Karen Befreiungsarmee, die sich immer noch gelegentlich Scharmützel mit der burmesischen Armee liefern.
Mich interessiert aber vor allem die schöne Berglandschaft rund um Hpa-an. Hier gibt es etliche bewaldete Felsen, die übergangslos aus dem Boden ragen und der ganzen Gegend einen besonderen Flair geben. Auf vielen Felsen befinden sich zudem noch weiße oder goldglänzende Stupas. Zwischen diesen Bergen erstreckt sich eine weite, flache Landschaft mit Reisfeldern, Seen, Flüssen und kleinen Wäldchen. Wirklich sehr schön.
In Hpa-an bleibe ich sogar zwei Tage, um diese schöne Gegend zu genießen. Bei einem Tagesausflug bekomme ich natürlich noch diverse Pagoden und Höhlen gezeigt. Letztere sind ebenfalls buddhistische Heiligtümer.
Am zweiten Tage besteige ich den Zwegabin-Berg, mit 800 Meter der höchste Berg der Region. Der Aufstieg ist enorm schweißtreibend; als ich oben ankomme, bin ich total naß geschwitzt. Leider war es oben ein wenig nebelig, so dass die Aussicht etwas eingeschränkt war - und die Fotos ein bisschen trübe geworden sind.
4 Kommentare:
Hallo Uwe,
wir sind uns aus dem Facebook bekannt.
Ich verfolge Deine Posts und Deinen Blog mit viel Fernweh im Kopf ( und in den Beinen!).
Falls Du sie noch nicht kennen solltest, sende ich dir hier den Link zu "Leana Niemand" aus Südafrika, sie ist momentan in Vietnam mit den Rad unterwegs. Die Bilder finde ich einfach toll.
http://www.leananiemand.org.za
Weiterhin viel Spaß und viel Glück
Ralf Bonowski
Hi Uwe, man kommt aus dem Staunen nicht mehr raus, was du alles auf deiner Reise mitnimmst. Ein extra Kompliment auch nochmals für deine tolle Reisereportage - man sollte wirklich kein Kapitel verpassen! So allmählich kommst du nun auf die "Zielgerade"....wünsche dir weiterhin eine schöne erlebnisreiche Reise....... Sportliche Grüße aus BAM
Danke für den Link! Die Fotos sind wirkloch sehr schön!
Danke, Uli! Die nächste Radtour machen wir zusammen - gelle? Liebe Grüße, Uwe
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