Donnerstag, 20. Oktober 2016

Tage in Shiraz

Seit zwei Tagen bin ich in Shiraz, der größten Stadt im südlichen Kernland des Irans. Die Stadt ist unter den Iranern sehr beliebt. Zum einen weil die Shirazis sehr freundliche Menschen sein sollen. Zum anderen weil hier die wichtigsten iranischen Poeten, Hafez und Sa'di, gelebt haben und hier begraben sind. Unterdessen hat meine letzte Woche im Iran begonnen; Mitte nächster Woche will ich in Dubai sein.


Shiraz gefällt mir ganz gut. Die Stadt ist zwar vor allem ein wichtiges Verwaltungszentrum und eine bei Studenten beliebte Universitätsstadt, hat aber auch touristisch einiges zu bieten. Hier finden sich die Gräber der Dichter Hafez und Sa'di. Für die Iraner ist der Besuch dieser Grabstätten kulturelle Pflicht und Leidenschaft zugleich. Beide Dichter sind bis heute außerordentlich beliebt; sie waren wichtige Lichtgestalten der persischen Kultur.




Für viele ausländische Touristen ist Shiraz Start- oder Endpunkt ihrer Iranrundreisen. Hauptattraktion sind die nahe gelegenen antiken Städte Persepolis und Pasargard. Persepolis war die repräsentative Hauptstadt des ersten persischen Weltreiches vor rund 2500 Jahren. Die Stadt war von Alexander dem Großen niedergebrannt worden und viele Jahrhunderte in Vergessenheit geraten, u.a. weil sie verschüttet war. In den 1930er Jahren wurde sie wiederentdeckt und - unter Mitwirkung deutscher Archäologen - freigelegt.






Ich habe in unmittelbarer Nähe der historischen Stätte auf einem sehr schönen Rasen-Zeltplatz übernachtet und mir die Ausgrabungen am Dienstagvormittag in aller Ruhe angeschaut. Sehr zu empfehlen ist der Film, der im Besucherzentrum gezeigt wird. Die Fahrt von Persepolis nach Shiraz (56 Kilometer) war allerdings nicht schön, da sehr verkehrsträchtig und sehr laut. Mittlerweile stört mich der Lärm und Gestank auf den stark befahrenen Landstraßen sehr.

Im Auto kennen die Iraner kein Pardon - und keine Regeln 


Apropos Verkehr: Wenn die Iraner im Auto sitzen, scheint bei ihnen irgendetwas auszuhaken. Dann kennen sie kein Pardon und vor allem keine Regeln. Zum Beispiel beim Abbiegen oder Überholen zu blinken, ist total verpönt. Warum soll man den anderen anzeigen, wo man hin will? Beim Einfädeln in den fließenden Verkehr über die Schulter gucken, ob jemand von hinten kommt - wofür? Einfach losfahren, die anderen werden schon warten. Ganz zu schweigen, dass auch gerne auf der falschen Spur gegen die Fahrtrichtung gefahren wird, etwa um sich den Umweg zum nächsten U-Turn zu sparen.

Es grenzt wirklich an ein Wunder, dass nicht viel mehr Unfälle passieren. Ich habe jedenfalls noch keinen einzigen Crash gesehen; wohl aber einige zerstörte Autos am Straßenrand. Dabei muss ich sagen, dass ich mich auf den Straßen meistens ziemlich sicher fühle. Die LKW wechseln sogar oft die Spur, um mich mit weitem Abstand zu überholen. Nur in den Städten habe ich manchmal ein bisschen Angst, übersehen zu werden - etwa wenn die in zweiter Reihe parkenden Autos einfach losfahren - ohne Schulterblick und ohne Blinker (siehe oben).  

Die letzten Tage im Iran werde ich hoffentlich auch noch gut überstehen. Auf dem Weg von Yazd nach Shiraz habe ich übrigens noch in Dehshir und Abakuh Halt gemacht. Dehshir ist ein sehr kleines Bauerndorf, wo ich nur übernachtet habe. Die Etappe (90 KM) dorthin war sehr schwer: Es ging von Yazd erstmal 70 Kilometer bergauf! Die Steigung war zwar moderat, doch setzte nach 35 Kilometer ein kräftiger Gegenwind ein. Und der zehrte an den Kräften und an den Nerven, und zwar so sehr, dass ich kurzzeitig wirklich erwog, abzusteigen und das Fahrrad per Post nach Hause zu schicken.

Höchster Punkt der Tour 


Bis zum Pass musste ich auf 2630 Meter hoch - das war der höchste Punkt der bisherigen Tour!  Insgesamt musste ich 1400 Höhenmeter überwinden. Nach der 20 Kilometer langen Abfahrt nach Dehshir war die Strapaze aber wieder vergessen.



Übernachtet habe ich in einer Art Clubhaus, in dem ein Tagelöhner wohnte. Wir teilten uns einen Raum, der mit Perserteppich ausgelegt und mit einem Fernseher ausgestattet war. Während ich auf dem Teppich mein Abendessen zubereitete, schaut der Iraner das Topspiel der iranischen Fußball-Liga. Seine Mannschaft, Perspolis Teheran, hat 3:0 gewonnen.





Am nächsten Tag radelte ich 60 Kilometer durch die Wüste nach Abakuh. Aushängeschild dieses  größeren Städtchens ist eine 4500 Jahre alte Zypresse. Bei einer kleinen Besichtigungstour habe ich außerdem noch eine alte unterirdische Wasserleitung, ein verfallenes Kastell und eine Pistazien-Verarbeitung gezeigt bekommen.








Morgen (Freitag) fahre ich weiter in Richtung zum Persischen Golf. Bis nach Bandar Abbas bzw. Bandar Lengeh, den beiden in Frage kommenden Häfen, sind es noch mehr als 500 Kilometer. Das werde ich nicht mehr bis Dienstag mit Rad schaffen. Mein Ziel ist deshalb die Stadt Lar (320 KM); von dort werde ich die letzten 200 Kilometer mit dem Bus weiterfahren.

Ich melde mich wahrscheinlich vom Persischen Golf wieder. Wahnsinn, dass ich nächste Woche schon dort sein werde!

4 Kommentare:

Uli hat gesagt…

Hallo Uwe, ich gratuliere dir zu dieser famosen Leistung - dein Tatendrang scheint ja grenzenlos zu sein...mal eben 60km durch die Wüste etc.....Besonders schön finde ich deine Fotoreportagen, die Beschreibungen der einzelnen Etappen werden dadurch wunderbar visualisiert. Du wirst in Kürze in einen völlig anderen Kulturkreis eintauchen - ich bin schon auf die kommenden Berichte gespannt. Wünsche dir weiterhin gute Fahrt....apropos: wie lange dauert denn die Schiffspassage über den persischen Golf nach Dubai? LG, Uli

Uwe hat gesagt…

Hi Uli,
habe gerade auf Facebook gepostet, wie es weitergeht: Fahre morgen mit dem Nachtbus nach Bandar Abbas, um die Nachtfähre nach Dubai zu bekommen. Abfahrt 21 Uhr, Ankunft 9 Uhr! Geht jetzt alles ziemlich schnell. Wollte eigentlich erst am Mittwoch das Schnellboot ab Bandar Lengeh nehmen, das wurde aber gestrichen. Deshalb musste ich umdisponieren. Nächsten Freitag fliege ich nach Yangon! Freue mich jetzt aber auch erstmal auf ein Bier oder einen Wein in Dubai.
Tschüß und liebe Grüße, Uwe

Anonym hat gesagt…

Hallo lieber Uwe,
Du hast mich in eine andere Welt gebracht. Es ist so schön, Deine Berichte zu lesen, die Fotos zu sehen. Aber das Ende Deiner wundervollen Reise naht, so wünsche ich Dir noch eine schöne Restzeit mit dem Fahrrad. Dann kommt ja Conny und Ihr genießt gemeinsam die große, weite Welt, bis Euch Euch ein Flieger nach Hause bring!
Liebe Grüße, Eberhard und Doris

Uwe hat gesagt…

Liebe Doris, lieber Eberhard! Danke für euren Kommentar! Ja, alles geht einmal zu Ende - so auch meine Radtour. Aber die nächsten Projekte reifen schon im Kopf!
Liebe Grüße, Uwe